Traumasensibles Yoga

Traumatische Erfahrungen oder tiefgreifende Verletzungen der Seele (gleich welcher Art) hinterlassen ihre Spuren in unseren Körpern. Sie werden zum „verkörperten Schrecken“ (Bessel van der Kolk). Traumatisierte Menschen beschreiben oft das Gefühl, sich im eigenen Körper „nicht zu Hause“ zu fühlen.

Das klassische Hatha-Yoga wird so angepasst, dass die Übungen als traumasensibel bezeichnet werden können. Aufbauend auf ein besonders achtsames Üben ist die persönliche Erfahrung von Körperbefindlichkeiten bzw. Körpersensationen und deren Mitteilung fester Bestandteil der Yogastunden. Bewährte Stabilisierungstechniken kommen ebenfalls zum Einsatz.

Traumasensibles Yoga (TSY ingradual®) stützt sich auf die Forschungen von Dr. Bessel van der Kolk und David Emersons Studie aus dem Jahre 2009, unterstützt durch das National Institutes of Health (USA). Es ging in dieser Studie um die Auswirkungen von Yoga auf Klienten mit komplexen posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), komplexen Traumata und die entwicklungsbezogenen Traumafolgestörungen, die allesamt durch längerfristiges Erleben interpersonaler Traumata entstehen.

Die Yogaarbeit verringert deutlich die PTBS-typischen Affektprobleme und verbessert die Beziehung der Betroffenen zu ihrem Körper dahingehend, dass sie sich in ihren Körpern wieder wohl fühlen, dass sie ihrem Körper und ihrer eigenen Kraft wieder vertrauen. Sie lernen über das Yoga sich selbst emotional zu stabilisieren und zu regulieren und können dadurch erlebte traumatische Situationen besser bewältigen. Durch das achtsame Wahrnehmen des Körpers, die Verbindung von Atem und Bewegung im Yoga wird ein ganzheitlicher Heilungsprozess gefördert. Das Wahrnehmen der eigenen Kraft (zunächst rein körperlich) stellt sich mit zunehmender Übung auch auf seelischer Ebene ein. Die Erfahrungen von Lebendigkeit, Selbst-Wirksamkeit und Durchsetzungsfähigkeit, Mitsprache und Gestaltungsmöglichkeit sind ein heilsames Gegenmittel für erfahrene Verletzungen in der Vergangenheit.

„Die Fokussierung auf die Bottom-up-Verarbeitung beim TSY sowie auf Bewegung, Atmung und Körperempfinden scheint Traumatisierten zu helfen, die Fähigkeit zur Affektregulation wiederzuerlangen, weil die TSY-Arbeit das Gewahrsein innerer Zustände fördert und die mit den Symptomen verbundenen physiologischen Reaktionen reorganisiert. … Durch die Wiederherstellung ihrer Selbstregulationsfähigkeiten sind die Klienten in der Lage, mit ihren traumabezogenen physischen Empfindungen oder Gefühlen fertig zu werden, sobald sie auftreten. Außerdem führt bei einigen die Verbesserung der Fähigkeit, traumabezogene Reize zu tolerieren, zu einer Verbesserung der Fähigkeit, in der Psychotherapie ihre Erlebnisse verbal auszudrücken und zu verarbeiten.“ (aus dem Vorwort von Jennifer West PhD in „Trauma-Yoga in der Therapie“ v. David Emerson; 2015)

Menschen mit traumatischen Erfahrungen brauchen ein individuell zugeschnittenes Angebot. Im einzeltherapeutischen Setting kann durch gemeinsames Üben von speziell ausgesuchten Yogaübungen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit wachsen.